Morning Pages (44)

Es geht immer nur von Punkt zu Punkt, oder? Und der Weg ist nicht klar. Wie gern hätte ich zumindest in Teilabschnitten Nummern. Malen nach Zahlen, Punktmalerei. Könnte wenigstens punktuell punkten.

Oder ich wäre wie eine Schachfigur. Zwei vor, eins zur Seite, immer so. Ein Muster. Aber nein, es ist ja alles offen. Nach jedem Sprung ergeben sich 5 weitere. Das große Bild gibt es nicht, und die Reise zählt. Komm auf den Punkt!

Manchmal klappt es, dann mache ich eine Punktlandung. Dann scheint das große Bild sichtbar, ein Fußabdruck, ein abgeknicktes Blatt, hier ist die Spur! Komm jetzt! Punkt.

Pünktlich sein ist gut. Gibt es auch eine übergeordnete Pünktlichkeit? So für das Leben an sich? Kann man denn in seinem eigenen Leben unpünktlich sein?

Ach, so viele Fragen.

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Punk’s not dead.

Morning Pages (41)

Als ich ein Kind war, also eine jüngere Form von mir, die noch keine Verantwortung tragen musste, aber im Grunde nicht viel anders “funktionierte” wie ich jetzt, da konnte ich stundenlang an einer Stelle hocken und meine Gedanken auf Reisen schicken. Oft waren das seltsame Ecken, in Straßengräben, hinter Hecken, auf einem Baum, an einem Bach. Gut, so seltsam ist “auf einem Baum” jetzt nicht.

Ich finde es toll zu spüren, dass dieses kleine Kind immer noch in mir steckt. Wenn ich an eine abgelegene Stelle komme, vielleicht etwas heruntergekommen. Dann wacht mein inneres Kind auf. Jünger als meine eigenen, und doch in manchen Dingen ihnen so ähnlich. Am Bach stehen und hineinsehen. Der Strömung folgend. Muster suchend. Mit einem Stock im Wasser matschen zum Beispiel ist etwas, was uns allen sehr viel Spaß macht. Der große Unterschied: Sie haben immer (wenn sie wollen) ihre Geschwister dabei. Sie suchen nicht das Alleinsein.

Auf Arbeit haben Kollegen gestern Alleinsein (sorgt für psychische Stabilität) und Einsamkeit (macht krank) in einen Topf geworfen. Sehr seltsam, sind das doch völlig verschiedene Dinge, ja, fast Gegensätze. Hm.

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Morning Pages (40)

In der Spur.

Seit 7 Tagen tobt nun schon Gewitter. Hier ein Event von M, da eine Konferenz von d, am Abend selbst Veranstalter, dazwischen noch Projekt W. An dieser Stelle eine Erinnerung: Die Texte müssen noch in die Cloud. Danke sehr. Ich sende sie ASAP! Mit APAC einen Call am Freitag, die Abstimmung zu WP verschieben wir auf nach dem Relaunch.

Alles summt.

Heute Nacht fuhr ich in einem Zug, der war aufgebaut aus Triebwagen, einem Tender (umgebaut als Lümmelecke, ein dickes Holzpodest, wie man es sich in einer Wochenendlaube vorstellt, vielleicht auch in einem Kindergarten. Schlicht, mit Patina von tausend Fingern, die alles glattgedrückt haben. Ein paar Bücher, ansonsten das Metall des Zuges, laut ratternd. Eine kleine Tür führte in einen Anhänger, aber da war keine*r. Es gab auch kein Fenster, nur zum Triebwagen konnte man schauen. Ich fuhr mit den Kindern, mehrfach, aber ich weiß nicht wohin. Aber es waren nur 2 Stationen.

Ein gutes Zeichen, oder? Ich bin wieder in der Spur? Alles Drama erstmal abgeschlossen?

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Morning Pages (39)

Ein Gehirn zu haben mit einer gewissen Schwierigkeit, sich auf Dinge zu konzentrieren, die nicht dringend und wichtig sind, ist eine mitunter anstrengende Sache. Ja, man kann hier ein*e Meister*in werden im führen von Notizbüchern (Hallo, Bullet Journal <3, hello, me!) oder man kann sich einen neuen Job suchen, der genug Glittergewitter produziert, um immerzu in Hochleistung zu sein (das ist ja das Großartige an einem ADHD Gehirn! <3). Und vor allem ist das alles höchstpraktisch, wenn man Dinge, die vielleicht gerade etwas doof sind, verdrängen möchte. Hier ist es schon sehr praktisch, dass eine (1) im Tab Nummer 37 reicht, um sich voller Elan auf diese Notification zu stürzen und den Rest auszublenden.

Leider kann ich mir in meinem neuen Job auch nicht jede Tätigkeit aussuchen und leider ist neben der *totallyfreakingoutstressfulawesomewooowwthisiscool* Arbeit eben derzeit auch ein anderes Thema wichtig, welches ungefähr so reizvoll ist wie ausgekauter Kaugummi. Und ich hasse Kaugummi. So generell.

Nun, aber auch die wird irgendwann abgeschlossen sein (to-do-Liste!). Gestern jedenfalls gab es so viel zu tun (nein, gab es nicht, aber ich habe meine Aufgabe so interpretiert), dass ich mein Büro mit dieser Aussicht verlassen habe. Und im Grunde war das auch nicht schlimm, denn a) ich liebe meine Arbeit b) ich war alleine zu Hause, der Gefährte durfte coole Dinge vor einem nicht leichtem Publikum erzählen und außerdem über bunte Mosaike laufen.

Was ist also die Essenz dieses Artikels?

Ach, ich weiß es nicht. Heute schließt sich kein Erzählkreis mehr. Weitermachen.

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Morning Pages (38)

Über einen neuen Tag.

das Schöne ist ja, ein neuer Tag passiert immer wieder, bis zum Ende. Und natürlich gibt es diese unendlichen Kalendersprüche wie “Lebe jeden Tag, als wäre es Dein letzter!” und ja, zumeist bin ich von derart plakativen Sprüchen genervt, auch wenn was dran ist.

So eine Aussage suggeriert für mich, dass jeder Tag so losgelöst ist von dem Rest, aber das genau macht ja das Leben so interessant, dass alles miteinander verwoben ist. Ich kann nicht heute eine Entscheidung fällen, als sei es mein letzter Tag. Nicht, wenn ich morgen und übermorgen noch schöne Tage vor mir haben möchte. Ich muss ja nicht alle Ressourcen verbraten, aber können wir bitte wieder etwas mehr Vernunft und etwas weniger Verzweiflung im Alltag haben? Etwas weniger “Aber wenn wir es nicht JETZT machen…?!” Ja, was dann… Dann habe ich vielleicht auch in einem Jahr noch Lust drauf, und dann kann ich ein einplanen und Vorfreude entwickeln und den Moment bewusster genießen. Geht doch alles.

Jeder Tag ist eine neue Runde, aber auf Basis der Dinge von gestern und vorgestern. Gestern kann sehr zehrend und sozial anstrengend gewesen sein, also verbringe ich heute vielleicht ein paar Stunden ganz allein. Wäre es mein letzter Tag, würde ich das vielleicht nicht tun. Wenn ich also “im Moment” leben sollte, bedeutet das fairerweise auch, dass ich einfach mal nichts spektakuläres tun möchte. Danke sehr.

Die Sonne geht auf. Das ist doch schon mal ein guter Anfang.

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Morning Pages (37)

Über das Jagen eines Schlafs.

Einen Schlaf fängt man nur mit List und Tücke. Es erfordert einige Weitsicht und Planung, um einen Vertreter dieser seltenen Art überhaupt zu Gesicht zu bekommen.

Der Schlaf ist ganztags aktiv, jedoch gibt es die meisten Sichtungen nach Einbruch der Dunkelheit. Das Tückische ist, dass ein Schlaf, vor allem wenn es ein ausgewachsenes Exemplar sein soll, nur dann in greifbarer Nähe vorbei läuft, wenn man aufhört zu suchen. Es gilt also, möglichst entspannt den Weg zur Stadt “Traum” entlang zu spazieren, und dabei so zu tun, als suche man es nicht. Leise Musik oder ein Hörspiel können hier unterstützend zum Einsatz gebracht werden.

Der Weg zur Stadt ist trüb und neblig. Man muss aufpassen, nicht vom Pfad abzukommen und sich in den Abflussrinnen links und rechts davon die Füße nass zu machen. Mit nassen Füßen ist man in der Stadt “Traum” ein ungesehener Gast und all der Dreck der Straßen bleibt daran kleben. Glauben Sie mir, das möchten Sie nicht.

Nein, Sie sollten den Pfad entlangschlendern, nicht suchend, sondern entspannt, und dann wird plötzlich ein Schatten vorbeihuschen, schräg den Weg kreuzend, immer wieder, bis er durch Sie hindurchfährt. Dann haben Sie den Schlaf gefunden und er kann seine erholende Wirkung entfalten. Herzlichen Glückwunsch.

Stolpern Sie jedoch mit nassen Füßen auf die Stadt zu, dann bleibt Ihnen nur das Klopfen am Tor und der Pförtner, der Sie missmutig einlässt und für viele Stunden mit immer klebrigeren Füßen umherlaufen lässt. Sie kennen das Gefühl, nach einer viel zu kurzen Nacht nach einem viel zu arbeitsreichen Tag, wenn Sie beim Aufwachen noch die Reste seltsamer Bilder hinter Ihren Augen kleben haben.

Grüßen Sie den Pförtner, wenn Sie ihn sehen. Wir sind gute Freunde.

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Morning Pages (36)

Über Eier. Diese hier staunen ganz schön:

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Es ist ja so, dass Eier ein Symbol für Fruchtbarkeit sind. Jetzt nicht in Katzenkopfform, aber so im Allgemeinen. Aber umso mehr ist es immer wieder erstaunlich, wie männlich konnotiert sie in dieser Gesellschaft sind.

“Eier aus Stahl”, der Typ “hat keine Eier”, er “hat nicht die Eier dafür” – Sie kennen das. Dabei sind sie doch (in meiner Wahrnehmung) zutiefst weiblich! Frauen* haben Eierstöcke, Frauen haben die Eier! Wenn sie doch ein Symbol für Kraft, Potenz und Mut sind, dann sollten genau DAS doch “typisch weibliche” Attribute sein. Ach, es ist kompliziert.

Entwickelt sich ein weiblicher Embryo, werden schon im Mutterleib die Eizellen für die übernächste Generation angelegt. Falls meine Tochter also irgendwann mal Kinder haben möchte, dann wären die Eizellen, die sie in meinem Körper angelegt hat, die Grundlage. Schon ziemlich cool. Und ziemlich weiblich. Ich mag Eier.

Morning Pages (35)

Über Morgendämmerung.

Das Schöne am Schreiben am Morgen ist ja, dass der Kopf noch unverbraucht ist. Ganz entspannt und locker im Bademantel auf dem Balkon sitzen, die Straße erwachen hören, mit einem Notizblock und Füller in der Hand, leise Jazzmusik dringt aus kratzigen Lautsprechern herüber, ich nippe an Kaffee und Zigarette…

Und wache auf, weil eine Katze auf meine Schulter klettert und das schimmernde Licht der LED-Straßenbeleuchtung in mein Gesicht donnert. Geschlafen habe ich gerade erst, denn eine der Katzen war nachts mit einem rollenden Gegenstand beschäftigt, den ich mit halboffenen Augen tapsend in der Wohnung nicht hatte ausfindig machen können.

Straßenbeleuchtung heißt im Moment 6.00 – aber in der Wohnung ist es still. Sollte K1 nicht am Packen, laufen, poltern sein? Oh. Dann hat er wohl doch keinen Wecker gestellt.

Hastig den Bademantel überwerfen (Ha! Wenigstens ein Element der Morgendämmerung erfüllt) und das Kind aus dem Schlaf kraulen, es freundlich auf die zeitliche Dringlichkeit hinweisen und ein bisschen stolz sein, dass er 15min später mit allem erledigt die Wohnungstür schließt.

Nun ist Zeit für Kaffee. Auch ohne Balkon.

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Morning Pages (34)

Über Trennungsfamilien.

Was heißt eigentlich “Familien” in dem Zusammenhang? Totaler Unsinn, hier in der Mehrzahl zu schreiben, denn wenn, dann kann ich nur über meine eigene schreiben. Also. meine kleine (oder gar nicht mal so kleine) Trennungsfamilie – Nein, auch so ist es nicht passend. Meine Familie! Aber auch nur ein Teil dessen, also, ich und die Kinder. Die Kinder und ich.

Wir sind ein gutes Team. Ein Team, das bedeutet für mich in dem Zusammenhang, dass wir vier füreinander da sind. Nicht in einer bedingungslosen, aufopfernden italienischen Mafiafamilie, eher “kenne deine Wurzeln”. Mal braucht der eine mehr Zuwendung, mal die andere. Und das geht auch in der Regel okay so.  Aber warum ist das so? Wenn man sagt, Kinder brauchen 4 Jahre um eine Trennung zu verarbeiten, dann sind jetzt schon über die Hälfte der Zeit vergangen. Ich hätte auch schon vor einem Jahr gesagt, dass die Kinder fein damit sind. Sie lieben ihren Vater und auch mich (sag ich jetzt mal) und vermissen natürlich den jeweils anderen, aber in einem Maße, wie sie auch ihr Bett vermissen wenn sie im Urlaub sind. Vermissen und dennoch Freude an etwas haben, schließt sich nicht aus. Braucht es noch mehr?

Ich bin dankbar dafür und freue mich auf die nächsten Jahre mit den Zwergen. Das Jüngste Kind im Bunde ist jetzt 10 Jahre alt. Ganz klar: Der Zenit der intensiven Elternzeit ist überschritten. (psssst: und das ist auch cool!)

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